Chengdu stand am Anfang nicht auf meiner Liste. Da mich jedoch Vida (ich habe sie in Myanmar kennengelernt) zu sich nach Hause einlud, habe ich kurzerhand Shanghai mit Chengdu ausgetauscht und ich freute mich sehr darauf, die nächsten Tage bei und mit ihr zu verbringen. Vida holte mich am Bahnhof ab und zusammen fuhren wir mit dem Taxi zu ihr nach Hause, wo ich es mir in einem Zimmer gemütlich machen konnte - lange war es her, dass ich ein ganzes Zimmer für mich alleine hatte:) Die nächsten drei Tage verbrachten wir eher gemütlich. Wir kochten zusammen, besuchten die Panda Base, liefen durch herzige Strassen voller Souvenirläden und Essenstände, besuchten eine Changing Faces Show, schlenderten durch den Tianfu Square und den People Park und besuchten zusammen mit ihrem Ehemann den Chinese Doctor. Vida erzählte mir viel über die chinesische Kultur und Geschichte. Sie erklärte mir zum Beispiel, dass es in China üblich ist, dass die Eltern mögliche Partner für ihre Kinder aussuchen. Die Partner werden jedoch nicht wahllos vorgeschlagen, sondern zuerst einem gründlichen Check bezüglich Alter, Grösse, Beruf, Vermögensverhältnisse (Besitz einer Wohnung (mit Hypothek oder abbezahlt), eines Autos, etc.) unterzogen. Wenn beide Elternpaare mit dem Background des andern einverstanden sind, werden Fotos und die Telefonnummern der Kinder ausgetauscht, damit diese sich zu einem Date treffen können, wenn sie möchten. Teilweise treffen sich die Eltern auch in einem Park und legen A-4 grosse Blätter (ohne Foto) auf den Boden, auf welchen die wichtigsten Informationen der Kinder inkl. Telefonnummer aufgeführt sind, damit sie die Nummern, bei Interesse, mit anderen Eltern austauschen können. In China gibt es drei essentielle Schritte im Leben eines Kindes: Hochzeit, eigene Wohnung und Kind/er. Die Eltern unterstützen ihr Kind dabei finanziell. Sprich zahlen die Hochzeit und den Eigenmittelanteil für den Wohnungskauf, etc. Zudem ist es auch üblich, dass ein Grosselternpaar nach Geburt des Grosskindes bei den frischgebackenen Eltern einzieht und die ersten Jahre tatkräftig bei der Erziehung mithilft. Oft ist es der Fall, dass beide Grosseltern an der Erziehung des Grosskindes interessiert sind und dadurch bei der Entscheidung, wer sich (zuerst) ums Grosskind kümmern darf, leicht ein Streit ausbrechen kann.
Ich habe noch nie so viele neue Sachen zum Essen ausprobiert, wie während meiner Zeit in Chengdu. Scharfgewürzte Hühnerfüsse sind hier z.B. ein normaler Snack:) Am ersten Abend haben mich Vida und ihr Ehemann in ein Hotpot Restaurant eingeladen. Beim Hotpot wird ein runder Topf voller Wasser, gemischt mit Gewürzen und Chili in die Mitte des Tisches gestellt. Anschliessend lässt man Gemüse oder Fleisch ins kochende Wasser gleiten und fischt es, wenn es ready ist wieder raus und taucht es in eine Schale mit Öl (gemischt mit Knoblauch und Koriander), bevor man es verspeist. Klingt alles ziemlich harmlos. Nur ist es so, dass die Zutaten nicht wie bei uns z.B. Poulet-, Schweine- oder Rindsfleisch sind, sondern Schweinshirn, Kuhmagen und Schweins- und Entendarm. Ich muss sagen, dass mir alles ziemlich gut geschmeckt hat, abgesehen vom Schweinsdarm. Ich war überrascht, dass ich das Verspeisen des Schweinehirns, welches etwas vom softesten war, was ich je gegessen hatte, tatsächlich geniessen konnte. Ich habe mich die letzten knapp 4 Monate gut an scharfes Essen gewöhnt, aber der Hotpot war so scharf, dass es sogar für Vida
und ihr Ehemann ein „Kampf“ war und ich einen Teil des Mundes vorübergehend nicht mehr spüren konnte…
Nach drei Tagen in Chengdu machten Vida und ich uns auf einen dreitätigen Ausflug zum Jiuzhaigou Nationalpark. Der Eintrittspreis für den Park ist so hoch (300.- RNB), dass die meisten Leute nur einen Tag im Park verbringen und das war auch für uns der Fall. Die Anfahrt von Chengdu dauert rund 9h. Somit waren wir für einen Tag im Park, zwei volle Tage mit dem Bus unterwegs. Der lange Weg hat sich jedoch auf jeden Fall gelohnt. Der Park ist bekannt für die schönsten Seen des Landes und dieses Versprechen hat er auf jeden Fall eingehalten. Ich habe noch nie im Leben so klare und blaue Seen gesehen. Viele Gebiete des Parks liegen auf einer Höhe von rund 3000 m.ü.M.. Wir sahen Schneeberge und verschneite Wälder und für einen kurzen Moment fühlte ich mich in die Schweiz zurückversetzt:) Der Park ist wunderschön und wir haben den ganzen Tag damit verbracht, die kristallklaren blauen Seen zu bewundern. Wenn
man schöne Berge und Seen sehen möchte, ist dieser Park ein absolutes Muss. Der Park ist mit Bussen gut vernetzt, welche bei allen Aussichtspunkten halten. Diese Punkte sind teilweise ein bisschen überfüllt, wenn man jedoch von einer
Bushaltestelle zur nächsten wandert, kann man den Anblick der Seen in Ruhe geniessen:)
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